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Lesen will geübt sein

Drei junge Lernende gemeinsam an einem Tisch - zwei Männer und eine Frau; sie hält den beiden Männern erklärend und lächelnd ein Stück Papier entgegen. Im Hintergrund sieht man eine Lehrerin in einer blauen Bluse.

Der Weg vom Buchstaben zum Text ist steiniger als mancher denkt – auf jeden Fall aber lohnenswert.

Beim Lesen absolvieren wir eine Reihe komplexer miteinander verzahnter Anforderungen, die es uns ermöglichen, nicht nur schnell und sicher zu lesen, sondern dabei auch den Inhalt zu verarbeiten (siehe hierzu auch die Arbeiten von Marion Klinger und Prof. Dr. Cornelia Rosebrock). Für Leseanfänger des Deutschen, und das sind nicht nur die Teilnehmenden in Alphabetisierungskursen, sondern generell diejenigen, die gerade mit dem Deutschlernen begonnen haben, bedeutet dieser Prozess ein schrittweises Vorantasten auf einem mehr oder weniger steinigen Weg. 

Die ersten Schritte auf diesem Weg beinhalten das Erlernen der Buchstaben-Laut-Beziehung. Für primäre Analphabeten sind diese ersten Schritte wesentlich größer und nehmen viel mehr Zeit in Anspruch als für lerngewohnte Teilnehmende mit Leseerfahrungen in der eigenen Muttersprache. Ist dieser erste Meilenstein absolviert, ist das Training der Leseflüssigkeit an der Reihe. Denn erst wenn wir flüssig lesen können, stehen uns schließlich auch die kognitiven Kapazitäten zur Verfügung, die das Textverständnis absichern. Lesende sind wir dann, wenn wir diese dritte Hürde gemeistert haben, wenn wir also auch inhaltlich verstehen, was wir lesen. 

Flüssiges Lesen heißt in angemessener Geschwindigkeit (nicht zu langsam), ohne Holpern, eventuell mit gelegentlichen Selbstkorrekturen und einer Melodieführung, die zum Satzzusammenhang passt, zu lesen. Um das alles zu bewältigen, beherrschen Leser bereits Automatisierungen auf der Wortebene, können also ganze Wörter in einem Blick erfassen (Sichtwortschatz). Damit ist auch das Erschließen der Zusammenhänge auf Satzebene möglich. 

Lesefähigkeit ist also so etwas wie das Hinauswachsen über den Horizont des einzelnen Buchstabens und der Silbe. Erst wenn die Synthese der Einzelemente abgelöst wird durch die Fähigkeit, größere Einheiten zu erfassen, sind die Zusammenhänge auf Satzebene erkennbar. Um dahin zu kommen, muss wie immer viel geübt werden. Im Grunde genommen sind die ersten Schritte des Lesetrainings eine Art Wahrnehmungstraining. Nur durch beständiges Wiederholen wird die notwendige Automatisierung erreicht. 

Lesen wird durch halblautes und mehrfaches Lesen desselben Textes geübt. Darüber hinaus sollte eine gegenseitige Kontrolle erfolgen. Ein Partner (oder der Kursleitende) liest mit und verbessert, falls notwendig. Beim Mitlesen wird ein Finger oder auch Stift mitgeführt. Das dient der Autofokussierung und ist ein ebenso wesentliches Element im Lesetraining wie das laute Lesen. 

Auch das chorische Lesen dient nachweislich der Verbesserung der Lesefähigkeit. Auch hierbei gilt: Der gleiche Text wird mehrmals nacheinander gemeinsam gelesen. Leseübungen sollten nicht zu lange dauern, maximal 15 Minuten, bei Lernanfängern und langsamen Lernern sogar weniger. 

Unsere Blogautorin: Anke Kuhnecke

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