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Mehrsprachigkeit als Lernpotential

Das Thema Mehrsprachigkeit ist nicht nur im Kontext des Deutschunterrichts mit Erwachsenen ein derzeit viel diskutiertes Thema. Schon 1995 formulierte die Europäische Union im Weißbuch, dass jeder EU-Bürger neben seiner Herkunftssprache mindestens zwei weitere Sprachen beherrschen sollte.

Mehrsprachigkeit meint dabei jenen Zustand, in dem sich die Spracherfahrung eines Menschen innerhalb seines kulturellen Kontextes erweitert. Es ist die Fähigkeit eines Individuums, zwei oder mehrere Sprachen als Kommunikationsmittel zu verwenden, indem ohne Weiteres von der einen Sprache in die andere geswitcht werden kann (Oksaar 1980: 43). Es ist also eine kommunikative Kompetenz gemeint, bei der einsprachige Kompetenzen nicht einfach addiert werden, sondern die verschiedenen Sprachen kombiniert und transversal vernetzt sind. (vgl. Europarat, 2001)

Für den Fremdsprachenunterricht hat sich in diesem Zuge das Paradigma von einem einsprachigen, durch die Zielsprache dominierten Unterricht, gewandelt, auch durch verschiedene sprachwissenschaftliche und neurodidaktische Erkenntnisse gestützt.

Sprache ist ein Mittel zur kognitiven Entwicklung. Mithilfe der Sprache werden beispielsweise Gedanken geordnet und strukturiert. Neues Wissen wird generiert. Außerdem ist sie der hauptsächliche Träger im sozialen Handeln. Verständigung und Kooperationen werden ermöglicht und komplexe Abläufe gesteuert.

In diesem Sinne wurde bereits 2001 im GER das Ziel des Sprachunterrichts formuliert. Es geht nicht um die Beherrschung von zwei oder mehr Sprachen, die isoliert, wie auf Knopfdruck abgespult werden können. In einem auf Mehrsprachigkeit ausgerichteten Unterricht geht es vor allem darum, eine Umgebung zu schaffen, in der alle Sprachen und sprachlichen Fähigkeiten der Lernenden ihren Platz erhalten. Die Frage ist, auf welche Ressourcen der DaZ-Unterricht bei der Förderung von Mehrsprachigkeit zurückgreifen kann.

Hier hat sich in den letzten Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass Mehrsprachigkeit als Lernpotential begriffen wird. Psycholinguistische Untersuchungen zum Spracherwerbsprozess haben gezeigt, dass sich das Erlernen mehrerer Fremdsprachen nicht in separaten Schubläden unseres Gehirns vollzieht, sondern durch die Entstehung eines Netzwerkes aller im Gedächtnis vorhandenen sprachlichen Elemente vollzogen wird.

Für den Deutschunterricht mit Erwachsenen gilt überdies, dass die Wertschätzung der Herkunftssprachen der Lernenden nicht nur ein lernförderliches Klima, sondern vor allem auch eine positive Gruppendynamik unterstützt.