Tipps für den Unterricht
Entdeckendes Lernen als Einstieg in den offenen Unterricht
Das Konzept des offenen Unterrichts ist nicht neu. Wesentlicher Eckpfeiler des offenen Unterrichtens ist eine veränderte Rollenverteilung: Auf Seiten der Lehrenden bedeutet es lernerzentriertes Arbeiten, für die Lernenden Übernahme von Verantwortung für den eigenen Lernprozess.
Allerdings ist offenes Unterrichten nicht in jedem Fall zielführend. So gelten beispielsweise bei Lernenden in Alphabetisierungskursen andere Regeln. Bei Lernenden in Alpha-Kursen sind die Schulerfahrungen oftmals gering bis gar nicht vorhanden. Daher verfügen sie in der Regel über wenig Selbstlernstrategien. Diese sind allerdings eine Voraussetzung für offenes Unterrichten.
Das Gegenstück von offenem Unterricht sind die geschlossene Unterrichtsformen. Sie beinhalten eine definierte Rollenverteilung mit Fokus auf die Kursleitenden. Man spricht auch von lehrer:innengelenktem Unterricht, der feste Ziele und Inhaltsvorgabe vorsieht. Auch in dieser Unterrichtsform gibt es jedoch Begrenzungen. Die curricular festgeschriebenen Inhalte und Ziele können nicht von allen Lernenden erreicht werden, und erst recht nicht in der vorgeschriebenen Zeit. Auch gehen die Inhalte oftmals an den Lernenden vorbei und der Transfer bzw. die Identifikation fallen schwer.
Es geht bei der Frage offener oder geschlossener Unterricht aber niemals um ein Entweder-Oder, sondern immer um die sinnvolle Integration und das Bewusstmachen der jeweiligen Grenzen und Chancen (siehe A. Feldmeier).
Ein möglicher Weg führt schrittweise von geschlossenen Unterrichtsformen über das entdeckende Lernen hin zu offenem Unterricht.
Entdeckendes Lernen verläuft in drei Schritten. Ausgehend von einem konkreten Beispiel wird die jeweilige Regel von den Lernenden gefunden (mit mehr oder weniger Unterstützung) und schließlich kleinschrittig geübt. Nehmen wir die Konjugation in der 1. Person Singular sowie in der Höflichkeitsform. Alle Teilnehmenden essen oder trinken. Ein Einstieg kann also beispielsweise ein Dialog sein („Was essen Sie gern?“- „Ich esse gern Salat“.) Die zweite Phase, das Aufdecken der Regel, kann verschieden gehandhabt werden. Entweder fällt den Lernenden eigenständig die Änderung der Endung auf und oder der Kursleitende unterstützt („Fällt Ihnen was auf?“ „Was ist anders?“ etc.).
In der Übungsphase trainieren die Lernenden dann je nach Leistungsniveau entweder nur die ich-Form oder auch schon kleine Dialoge mit den drei Beispielverben.
Das Unterrichten im Alphabereich steht und fällt mit einer hohen Methodenkompetenz auf Seiten der Kursleitenden und dem bewussten Wechsel von Unterrichtsformen. Hierhin gehört auch das entdeckende Lernen. Einfach mal ausprobieren.