Pankreaskarzinom – ein erstes Aufklärungsgespräch
In der Abteilung für innere Medizin einer städtischen Klinik bereitet sich Frau Dr. Bruni auf ein bevorstehendes Aufklärungsgespräch vor.

Anhand der Patientenakte rekapituliert sie die Krankengeschichte des Patienten Martin Fröbel, der vor einer Woche von seinem Hausarzt eingewiesen worden war. Bei dem über Oberbauchschmerzen, anhaltende Übelkeit sowie allgemeine Schwäche klagenden Patienten war ein erheblicher Gewichtsverlust von 20 Kilogramm innerhalb der letzten drei Monate aufgefallen. In der Erstuntersuchung ergab sich ein Anfangsverdacht auf eine Pankreaserkrankung aufgrund von Courvoisier-Zeichen. Hierbei handelt es sich um das gleichzeitige Auftreten eines Ikterus und einer palpablen Vergrößerung der Gallenblase. Der Patient wurde stationär aufgenommen, um alle notwendigen diagnostischen Maßnahmen zur Abklärung durchführen zu können. Hierzu wurde eine Sonografie des Abdomens durchgeführt, die eine tumorverdächtige Raumforderung im Bereich des Pankreaskopfes zeigte, während das darauffolgende CT die Ursache des Ikterus durch einen hierdurch verursachten Verschluss des Gallengangs belegte. Eine zur weiteren Abklärung durchgeführte ERCP mit Biopsie und die Laborbefunde erhärteten den Verdacht auf Pankreaskarzinom im fortgeschrittenen Stadium. Bei einem ersten Aufklärungsgespräch teilt Dr. Bruni dem Patienten die nun vorliegenden Untersuchungsergebnisse mit.
Dr. Bruni: Guten Tag, Herr Fröbel, wie geht es Ihnen heute?
Herr Fröbel: Unverändert schlecht, Frau Dr. Bruni. Können Sie mir schon was Näheres sagen – nach all den Untersuchungen?
Dr. Bruni: Ja, deshalb komme ich jetzt zu Ihnen. Wie Sie ja wissen, haben wir unter anderem eine Biopsie vorgenommen, das heißt, wir haben eine Gewebeprobe entnommen. Bei der mikroskopischen Zelluntersuchung wurden leider Krebszellen gefunden.
Herr Fröbel: Was? Hab ich Krebs?
Dr. Bruni: Was wir bis jetzt gefunden haben, ist ein Tumor in der Bauchspeicheldrüse.
Herr Fröbel: Wie kann denn das sein? Ich bin doch immer kerngesund gewesen und hab Sport gemacht.
Dr. Bruni: Das ist auch sehr gut, aber leider ist es bei dieser Erkrankung oft so, dass man sie lange nicht erkennt. Da hatten Sie gar keine Möglichkeit das früher zu erkennen und Ihr Hausarzt auch nicht.
Herr Fröbel: Das ist jetzt ein Schock! (beginnt zu weinen)
Dr. Bruni: (Dr. Bruni legt ihm die Hand auf den Arm). Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Möchten Sie das Gespräch fortführen oder brauchen Sie jetzt erst einmal eine Pause – oder möchten Sie, dass Ihre Frau dazukommt?
Herr Fröbel: Nein, bitte sagen Sie mir ganz ehrlich, wie es um mich steht.
Dr. Bruni: Gut. Vorerst wissen wir nur, dass Sie ein Geschwür haben. Dadurch haben Sie auch in so kurzer Zeit so massiv abgenommen und fühlen sich so schwach.
Herr Fröbel: Ja. Und das Essen schmeckt mir auch nicht mehr. Vieles vertrag ich jetzt nicht.
Dr. Bruni: Das ist normal. Eine gestörte Glukosetoleranz ist eine typische Begleiterscheinung. Ich schicke Ihnen die Diätassistentin vorbei, dann können Sie Ihren Speiseplan gemeinsam umstellen. Mit ihr finden Sie sicher etwas, was Ihnen schmeckt und verträglich ist.
Herr Fröbel: Und was passiert jetzt mit mir? Werde ich operiert?
Dr. Bruni: Bevor wir behandeln können, müssen wir noch weitere Untersuchungen durchführen.
Herr Fröbel: Ok. Verstehe.
Dr. Bruni: Zuerst machen wir noch eine Röntgenuntersuchung Ihres Brustkorbs sowie eine Skelettszintigraphie, da sehen wir dann alle Knochen auf einmal.
Herr Fröbel: Warum denn Knochen? Ich dachte, es geht nur um die Bauchspeicheldrüse.
Dr. Bruni: Wir müssen sicher gehen, dass nicht auch andere Körperteile betroffen sind.
Herr Fröbel: Ach so, Metastasen meinen Sie? Mein Gott – das hieße ja…
Dr. Bruni: Herr Fröbel, ich verstehe, dass Sie jetzt Angst bekommen. Aber im Moment wollen wir nur alles andere ausschließen, damit wir einen guten, zielführenden Therapieplan aufstellen können.
Herr Fröbel: Wann haben wir Klarheit? Wie lange dauert das alles?
Dr. Bruni: Fühlen Sie sich denn in der Lage morgen gleich weiterzumachen?
Herr Fröbel: Sicher. Je eher, desto besser.
Dr. Bruni: Gut. Dann sehe ich zu, dass ich die Termine für die Diagnostik bekomme. Schwester Bärbel gibt Ihnen später Bescheid. Wir sehen uns morgen wieder oder haben Sie noch Fragen?
Herr Fröbel: Erst einmal nicht. Ich muss jetzt meine Frau anrufen – ich weiß gar nicht, wie ich ihr das beibringen soll.
Dr. Bruni: Ich spreche gerne auch nochmal mit Ihrer Frau, sobald wir mehr wissen, einverstanden?
Herr Fröbel: Ja. Vielen Dank!
Unsere Blogautoren: Jana Kirchberger und Markus Ammon