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Die Grammatikprogression – Was kommt zuerst?
Woher weiß man im Deutschunterricht mit Erwachsenen eigentlich, wann welche Grammatikthemen wann drankommen? Kursleitende brauchen sich im Allgemeinen keine Gedanken über die Grammatikprogression machen, da die Lehrwerke diese vorgeben. Bleiben wir einmal beim Anfänger:innenunterricht.
Folgende Grammatikbereiche kommen in den meisten Standardlehrwerken vor: Da sind die Wortarten (Nomen, Verben, Adjektive, Präpositionen, Artikel, Pronomen) und die Hauptsatztypen (Aussagesatz, Fragesatz), außerdem die Tempora Präsens und Perfekt sowie schließlich die Kasus Nominativ, Akkusativ und Dativ.
Alle diese Grammatikthemen werden im Deutschen in einer Menge von sprachlichen Handlungen verwendet. Um zu entscheiden, ob man gleich zu Beginn mit dem Dativ („Guten Tag, wie geht es Ihnen?“) loslegt, stehen verschiedene Kriterien zur Verfügung, die es gegeneinander abzuwägen gilt.
Da ist erst einmal das sprachsystematische Prinzip. Hier geht es darum, welche Vorgehensweise sich aus dem Sprachsystem selbst ableiten lässt. Beispielsweise ist der Nominativ vor dem Akkusativ der häufigste Fall. Er hat im Satz Subjektfunktion und er steht in Aussagesätzen ohne freie Angaben, wie Zeitangaben, immer an erster Stelle.
Beim didaktischen Prinzip dagegen geht es darum, was leichter oder schwerer ist. Der Nominativ erfordert keine Deklination und ist daher am leichtesten. Die Abweichung des Akkusativs von den Formen des Nominativs sind wiederum nicht so groß, wie die Abweichungen des Dativs vom Nominativ. Daher sollte der Dativ nicht am Anfang stehen. Der Einführung des Nominativs folgt also erst einmal der Akkusativ.
Auf pragmatischer Ebene geht es darum, was für die Lernenden in Bezug auf die Sprachverwendung thematisch sinnvoll ist. Hier werden die ersten Äußerungen in der Regel über sich selbst oder einen Gesprächspartner gemacht. Das kann im Nominativ erfolgen. Bezieht sich das Gespräch auf Gegenstände oder weitere Personen werden Akkusativ und Dativ benötigt.
In Bezug auf die Reihenfolge der Kasuseinführung wird in allen Lehrwerken gleich vorgegangen. Kein Wunder, denn alle drei Prinzipien, das sprachsystematische, das didaktische und das pragmatische, sprechen für die Reihenfolge Nominativ- Akkusativ – Dativ.
Bei anderen Strukturen, der Einführung des Perfekts, dass pragmatisch betrachtet, früh benötig wird, didaktisch aber eher kompliziert ist, sind sich die Lehrwerke nicht ganz so einig. Hier findet man häufig den Kompromiss, erst einmal nur die regelmäßigen Formen mit „haben“ einzuführen. (Siehe auch: Funk/ König: Grammatik lehren und lernen).